Lab-on-a-Chip

Einweg-Testträger aus Polymerfolie
HSG-IMIT & IMTEK, Bernd Müller Fotografie, Institut für Mikro- und Informationstechnik, www.hsg-imit.de

Meinen ersten Kontakt mit dieser großartigen Technologie hatte ich während meines Studiums an der Universität Leipzig am Institut für analytische Chemie. Hier konnte ich Einblicke in das Forschungsprojekt der Prof. Belder Gruppe im Bereich der Mikrochipelektrophorese gewinnen.

Mikrochipelektrophorese

Bevor es richtig spannend wird: Bist du vertraut mit dem Thema Mikrochipelektrophorese? Wenn ja, dann überspringe den nächsten Abschnitt einfach.

Die Idee der Miniaturisierung stammt aus der Mikroelektronik. Grundlage für die Mikrochipelektrophorese sind mikrofluidische Kanäle, haarfeine Kanäle zum Transport, Mischen und Trennen von Reagenzien im Nanoliter-Maßstab.

Ein Elektrophoresechip ist ein zweiteiliger Chip mit mikrostrukturierter Unterplatte und gelochter Oberplatte zur Probeneinfüllung. Es gibt aber auch Einweg-Testträger aus Polymerfolie, die verschiedene Analyseschritte integrieren. Solch einen Chip zeigt die obere Abbildung. Eine Probe wird auf die Disk pipettiert. Durch Rotation des Chips gelangt die Probe über Kanalstrukturen in Reaktionskammern. Bei einem klassischen Elektrophoresechip wird die Probe dann durch Anlegen einer elektronischen Spannung transportiert. Ein einfacher Elektrophoresechip ist in der folgenden Abbildung zu sehen.

Schematische Darstellung des Aufbaus eines einfachen Elektrophoresechips, Max-Planck-Institut für Kohleforschung

Das Ergebnis wird entweder über einen Farbumschlag oder andere Lichtsignale angezeigt. Durch Variation der Reagenzien oder Mikrostrukturen lässt sich das Konzept auf unterschiedlichste Analysen anpassen.

Das Interessante an der Idee der Mikrochipelektrophorese sind ihre Einsatzmöglichkeiten. So bekam ich eine Vorstellung von der Bedeutung von personalisierter Melanom-Therapie. Das zugehörige Forschungsprojekt der Universität Leipzig heißt „Hautkrebs im Echtzeit-Screening auf 3D Biochips“. Dabei werden vitale Biopsien oder auch 3D-Tumormodelle direkt auf Biochips immobilisiert, um auf diesem Zellmaterial die Sensitivität oder Resistenz gegenüber ausgewählter Chemotherapeutika oder Proteinkinase-Inhibitoren im Echtzeit-Modus zu testen.

Biochips

Was sind Biochips? Nein, nichts Essbares. Biochips sind verschiedene Anwendungen, in denen biologisch aktive Komponenten auf engstem Raum immobilisiert vorliegen: Biosensoren, Biochips für Zellkultivierungen oder auch DNA-Chips.

Schematischer Aufbau eines Biosensors, InnovoGene Bioscience
https://www.innovogene.com/store/pc/viewcontent.asp?idpage=11

Auf diesen Biochips können ganze biologische Systeme wie zum Beispiel Antikörper, Enzyme, Organellen oder Mikroorganismen über Zellkulturen bis hin zu Organsystemen immobilisiert werden. Das immobilisierte biologische System tritt in Wechselwirkung mit dem Analyten, sodass die physikochemischen Veränderungen dieses Systems gemessen werden können.

Human-on-a-Chip

Die Immobilisierung von Multi-Organ-Systemen auf Biochips wird „Human on a Chip“ genannt. Ziel ist, die Aktivitäten und Mechanismen von Organen oder Organsystemen zu simulieren. Die Glasobjektträger der Biochips werden mit menschlichen Zellen beschichtet. Auch hierbei will man durch die Zugabe von potentiellen Medikamenten oder Chemikalien Rückschlüsse über die Vorgänge im menschlichen Körper ziehen, zum Beispiel ob durch die Verstoffwechselung dieser Medikamente giftige Abbauprodukte entstehen oder schädliche Nebenwirkungen auftreten. Außerdem soll dieses Vorgehen Aufschluss über das Zusammenspiel der Organe geben.

Querschnitt durch ein Hirn-Organoid, https://www.sueddeutsche.de/gesundheit/medizin-der-mensch-auf-dem-chip-1.4339737-0

Ausblicke: Was wird möglich sein?

Die Anwendungsmöglichkeiten sind äußerst vielfältig. Hier sind Ansätze der personalisierten Medizin durchaus realistisch. Bevor ein Medikament verschrieben wird, könnte mit Hilfe eines Bio-Chips beobachtet werden, wie die Organe des Patienten oder ein Tumor darauf reagieren. Als Weiterentwicklung wird auch ein Body-on-a-Chip-Ansatz diskutiert. Das bedeutet, dass mehrere Organe auf einem Chip immobilisiert werden. Ein Beispiel sind Stoffwechsel-Chips, bei denen Riechzellen aus der Nase über Nervenzellen mit Hirnzellen verbunden werden. So könnte man die Wirkung von Duftstoffen testen – ohne Versuchspersonen.

Ein noch weitreichenderes Beispiel sind Biocomputer. Sie könnten zur Komplementierung ausgefallener Sinnesfunktionen, zum Beispiel bei Blindheit oder Taubheit, eingesetzt werden, wenn es gelingt, deren Proteinschichten mit den Neuronen des Gehirns zu verschalten.

Das ist aber sicher noch lang nicht alles. Welche Einsatzgebiete wären für dich denkbar? Ich freue mich auf deine Ideen.

Bleib neugierig!

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